Deutschland muss kriegstüchtig werden: Plädoyer für eine wehrhafte Gesellschaft
Generalleutnant a.D. Bruno Kasdorf, ehemaliger Inspekteur des Heeres rief in einem eindringlichen Vortrag im Schützenhof Jever zur umfassenden Stärkung der deutschen Verteidigungsfähigkeit auf. "Die traurige Wahrheit lautet: Frieden ist nicht mehr der gefühlte Normalzustand, sondern eine kostbare, fragile Errungenschaft, die wir mit Entschlossenheit und Tatkraft bewahren müssen," warnte der Redner zu Beginn seiner Ausführungen.
Im Mittelpunkt stand der kontrovers diskutierte Begriff "Kriegstüchtigkeit". Der Vortragende verteidigte dessen Verwendung ausdrücklich: "Es geht dabei ausdrücklich nicht um eine Militarisierung der Gesellschaft oder gar um eine Verherrlichung des Militärischen. Es geht um die nüchterne Feststellung, dass wir fähig sein müssen, uns im Ernstfall wirksam zu verteidigen."
Der Redner zeichnete das Bild einer fragmentierten deutschen Gesellschaft, in der Begriffe wie "Pflicht", "Opferbereitschaft" oder "gesellschaftlicher Beitrag" zunehmend fremd wirken. Erschreckend seien Umfrageergebnisse, wonach nur ein kleiner Teil der Deutschen bereit wäre, das Land im Ernstfall mit der Waffe zu verteidigen – bei jungen Menschen sei dieser Anteil noch geringer.
"Die Frage ist: Sind wir als Gesellschaft bereit, den Preis zu zahlen, der für den Erhalt der Freiheit erforderlich ist?", fragte der Vortragende.
Sechs Bereiche zur Stärkung der deutschen Verteidigungsfähigkeit
Der Vortrag skizzierte sechs zentrale Handlungsfelder zur Stärkung der deutschen Kriegstüchtigkeit bis 2029:
Gesellschaftliche Dimension
Besonders eindringlich sprach der Redner über die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Mentalitätswandels: "Spaltung macht uns schwach", erklärte er "Milliardeninvestitionen in die Bundeswehr allein machen ein Land nicht verteidigungsfähig, wenn der gesellschaftliche Rückhalt und der gemeinsame Verteidigungswille fehlen."
Mit dem Appell "Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, eine Gesellschaft zu gestalten, die ihre Freiheit schätzt und bereit ist, sie zu verteidigen" schloss der Redner seinen Vortrag.
Dem stimmte auch die Bundestagsabgeordnete Anne Janssen zu, die den Vortrag bundespolitisch einordnete.
„Viele der Forderungen finden sich bereits im Arbeitspapier der Koalitionsgespräche, bei einigen Punkten muss allerdings noch Überzeugungsarbeit gegenüber der SPD geleistet werden.“ Sie verwies auf den großen Nachholbedarf der Bundeswehr. In Zeiten des Kalten Krieges wurden 3 % des Bruttoinlandproduktes für Verteidigung eingesetzt, nach der Wende wurde der Haushaltsposten auf unter 1,2 % des BIP heruntergefahren.
Kasdorf und Janssen forderten eine offene gesellschaftliche Debatte über Sicherheitsrisiken, ohne "die Augen vor dem zu verschließen, was als 'worst case'-Szenario auf uns zukommen kann."
Die historische Maxime "Nie wieder Krieg" dürfe nicht zu einem "Nie wieder Wehrhaftigkeit" fehlinterpretiert werden: "Die Lehre sollte vielmehr sein, dass Demokratie und Freiheit wehrhaft sein müssen, um zu überleben."